
Wolkenbilder
DIE WEISSE WOLKE STELLT DIE JEGLICHE GESTALT
ANNEHMENDE KRAFT DES GEISTES DAR
Lama Anagorika Govinda
Die Wolkenbilder, die ich in Pastellkreide-Technik male, stellen für mich innere Sichten, innere Zustände dar und sind kaum Abbild der Natur. Sie dienen mir als Kommunikationsmittel. Sie beginnen dort zu wirken, wo die Sprache ihre Grenzen hat. Ihre Wirkung ist vielschichtig. Zum einen sind die Wolken, die sich in den meisten Bildern aufzulösen und neu zu formen scheinen, Sinnbild für den Fluss
des Lebens. Wer sich diesem Fluss hingeben kann, wird von ihm getragen. Und so entfalten die Pastelle eine entspannende Wirkung, die als Gegenpol zum oft stressigen und kopflastigen Alltag im Gefühl wohltuend erfahren wird.
Zum anderen geben mir die Wolkenbilder die Möglichkeit, ein für mich zentrales Thema, die Transformation auf verschiedenen Ebenen, sinnfällig zu machen.
Meine Malerei lässt den Betrachter die subtilen Übergänge vom Sichtbaren zum Unsichtbaren sinnlich erfahren.
Und noch etwas veranlasst mich seit über dreissig Jahren, immer wieder Wolkenbilder zu malen. Es ist meine tiefe Beziehung zu der Farbe Blau. Mit dem Blau des Himmels hat es eine ganz eigenartige Bewandtnis. Das Himmelblau ist tagsüber immer da; in unseren Breitengraden oft von Wolken bedeckt, aber man weiss, über dem Gewölk strahlt der blaue Himmel.
Der blaue Himmel ist unerreichbar. Die Menschen können ihn nicht manipulieren. Mögen sie der Erde und sich selbst noch so schwere Wunden zufügen; er wölbt sich wie eh und je über sie. Der Blick zum Firmament lässt die Unendlichkeit des Kosmos erahnen. Das Auge sieht das Himmelsgewölbe blau. Aber es ist keine kompakte Farbe, nein, sie ist durchscheinend und zart, kaum vorhanden und doch kraftvoll. Die Darstellung dieser Transparenz voller Energie, die zum Symbol für etwas Grösseres wird, ist für mich immer wieder eine grosse Herausforderung.
Hans-Peter Rieder